Schiris freuen sich über neue Regel

Bei der Fußball-EM hat die Kapitänsregelung super funktioniert. Nun setzt sie der DFB zum Schutz der Schiedsrichter in allen deutschen Spielklassen um. Die Zustimmung ist groß.

HINTERGRUND
Die Kapitänsregelung

  • Die Kapitänsregelung gilt ab sofort in allen deutschen Fußball- Spielklassen.
  • Nur noch die Spielführer beider Mannschaften dürfen sich beim Schiedsrichter beschweren.
  • Bei Kommentaren oder Reaktionen anderer Spieler drohen schnell Gelbe Karten.
  • Zeiten, in denen ein Pulk von Spielern von vielen Seiten massiv auf den Referee einredet, sollen damit der Vergangenheit angehören.
  • Damit sollen auch Spielunterbrechungen verkürzt und die Netto-Spielzeit gesteigert werden.
  • Wenn der Kapitän ein Torhüter ist, soll vor Spielbeginn ein Feldspieler als Stellvertreter für den Referee-Dialog benannt werden.

Amberg. Von Alfred Schwarzmeier 
Es ist seit Jahren immer das Gleiche: Aufgebrachte Fußballer stürmen nach einer umstrittenen Entscheidung auf den Schiedsrichter los und bedrängen den Unparteiischen.Oft nicht nur verbal, sondern mit drohenden Gesten. Mit der Rudelbildung ist nun Schluss. Wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Dienstag mitteilte, wird die bei der zurückliegenden Europameisterschaft erprobte sogenannte Kapitänsregelung ab sofort einheitlich in allen Spielklassen angewendet werden. Sie gilt auch in Freundschaftsspielen. „Ich finde die Entscheidung grundsätzlich positiv. Für den Fußball kann sie einen großen Mehrwert bringen“, glaubt Thomas Ehrnsperger. Der 33-jährige vom 1.FC Rieden ist seit knapp 20 Jahren auf den bayerischen Sportplätzenals Schiedsrichter unterwegs und pfeift aktuell bis hoch zur Regionalliga. Er weiß, welchem Stress seine Kollegen vor allem in den unteren Ligen ausgesetzt sind.

Kurzer Geduldsfaden 
„Früher waren es vielleicht zwei, drei Spieler, die mit dem Schiedsrichter geredet haben. Mittlerweile glaubt jeder 19-Jährige, er muss diskutieren und seinen Beitrag leisten“, kritisiert Ehrnsperger. Er gibt zu: „Ab und an ist dann der Geduldsfaden auch bei mir sehr kurz.“ Betroffen von der negativen Entwicklung, so Ehrnsperger, sind vor allem bestimmte Regionen und Großstädte. „In Berlin gibt es bereits die Regel, dass Spieler teilweise überhaupt nicht mehr mit dem Schiedsrichter sprechen dürfen.“ Bayern, und hier speziell die höheren Ligen („da geht es gesitteter zu“), sei im Vergleich dazu der „siebte Himmel.“ Wobei es aber auch auf dem Gebiet des Bayerischen Fußballverbandes Ausreißer gibt. Im Raum Nürnberg hat es erst kürzlich einen Vorfall gegeben, der über das reine Diskutieren hinausging. „Da wurde ein 20-jähriger Schiedsrichter geschlagen, dass er geblutet hat“, berichtet Ehrnsperger. Dabei muss es längst nicht zu Handgreiflichkeiten kommen, damit vor allem junge Schiedsrichter, oft noch im Teenager-Alter, das Handtuch werfen: „Die wollen sich nicht regelmäßig anschreien lassen. Wer möchte das schon gerne?“

Vorbild Handball
Fast schon erleichtert, dass der DFB reagiert, ist auch Willi Hirsch. Den Schiedsrichter-Obmann im Kreis Amberg/Weiden wurmt das Gemeckere im Fußball schon lange.„Mittlerweile wird jede Entscheidung  auf dem Fußballplatz kritisiert“,sagt Hirsch. Wie es anders geht, zeige der Handball: „Da sagen die Spieler kein Wort gegen den Schiedsrichter, wenn es Siebenmeter gibt oder eine Zwei-Minuten-Strafe ausgesprochen wird.“ Wieso es ausgerechnet im Fußball ständig Diskussionen gebe, wisse er nicht. Dass die neue Regel den Gesprächsbedar von grantigen Spielern auf Null reduzieren kann, glaubt Hirsch aber nicht. „Das wird sich nie ganz vermeiden lassen. Aber es ist viel gewonnen, wenn wir die Diskussionen dadurch einschränken können, dass es nur noch einen Ansprechpartner pro Mannschaft gibt.“ Der Obmann nimmt verstärkt die Trainer und Spielführer in die Pflicht: „Die müssen darauf einwirken, dass die Kapitänsregelung eingehalten wird.“

„Beruhigungspausen“
Dabei ist die Kapitänsregelung längst nicht die einzige Maßnahme, mit der den Aggressionen auf den Fußballplätzen Einhalt geboten werden soll. Zur neuen Saison 2024/ 25 werden im Amateurbereich (von den Bayernligen abwärts) bundesweit einheitliche „Beruhigungspausen“ eingeführt. Das DFB-STOPP Konzept ist der wichtigste Teil eines Pakets, das die Verbände zur Gewaltprävention verabschiedet haben. Die Spielunterbrechungen können von den Schiedsrichtern eingesetzt werden, wenn sich die Gemüter auf dem Platz zu sehr erhitzen. Grundsätzlich für mehr Gelassenheit bei Entscheidungen des Schiedsrichters wirbt indes Thomas Ehrnsperger. Und dies vor allem in den untersten Ligen wie der A- oder B-Klasse. „Wenn da ein blutjunger Schiedsrichter kommt, sollte man ihm auch mal Fehler zugestehen statt auf ihn loszugehen“, sagt er. „Der Fußball braucht ja die Schiedsrichter.“

Quelle: Amberger Zeitung
Erstellt von Roland Kammerer